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Ordnungswidrigkeit oder strafrechtliches Verfahren

Wo ist der Unterschied?

Eine Ordnungswidrigkeit und ein strafrechtliches Verfahren sind sehr eng miteinander verbunden und greifen teilweise sogar ineinander über. In allererster Linie unterscheiden sich diese beiden Gebiete aber in den Tatbeständen und den Sanktionen. Aber auch das Verfahren selbst gestaltet sich grundlegend anders. Das Ordnungswidrigkeitsverfahren wird auch gerne als „kleiner Bruder“ des Strafverfahrens bezeichnet. Wer aber darüber nachdenkt, dass auch bei Ordnungswidrigkeiten Bußgelder bis zu 25.000 Euro verhängt werden können, fragt sich unweigerlich, ob es wirklich nur der sogenannte kleine Bruder des Strafverfahrens ist. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren sollte genauso wenig auf die leichte Schulter genommen werden wie ein Strafverfahren. Die Sanktionen, die manchmal im Strafrecht Anwendung finden, liegen deutlich über den maximalen 25.000 Euro der Ordnungswidrigkeit. Im Strafrecht können durchaus hohe Haftstrafen verhängt werden. Obwohl beide Rechtsgebiete sehr eng miteinander verbunden sind, unterscheiden sie sich in etlichen maßgeblichen Punkten.

Ordnungswidrigkeit und strafrechtliches Verfahren: Die wesentlichen Unterschiede

Der Unterschied zwischen diesen beiden Gebieten fängt schon bei den entsprechenden Ermittlungsbehörden an. Das Strafverfahren wird durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet und eine polizeiliche Ermittlung erfolgt. Beide Strafverfolgungsbehörden – Staatsanwaltschaft und Polizei – sind grundsätzlich dazu verpflichtet, die Ermittlungen aufzunehmen oder einzuschreiten. Es liegt kein Ermessensspielraum vor. Die beiden Behörden haben ihrer Pflicht nachzugehen. Eine Einstellung des Verfahrens ist nur durch die Staatsanwaltschaft möglich oder das Strafverfahren wird eröffnet und dem entsprechenden Gericht übergeben. Das Gericht erlässt entweder einen Strafbefehl, gegen den Widerspruch eingelegt werden kann, oder es wird eine Hauptverhandlung angesetzt.

Ordnungswidrigkeit und strafrechtliches Verfahren im Straßenverkehr

Bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr handelt es sich um leichte Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO), die im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) definiert sind. Schwerwiegende Vergehen im Straßenverkehr, beispielsweise Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder rücksichtsloses Fahrverhalten, bezeichnet man dagegen als eine Straftat. Sie werden mit Bezug zum Straßenverkehr unter anderem im Strafgesetzbuch (StGB) und im Strafrecht geregelt.

Eine Ordnungswidrigkeit stellt keine Strafe im Sinne des StGB dar und zieht weder eine Vorbestrafung noch einen Eintrag in das Führungszeugnis nach sich.

Während das Strafrecht Straftatbestände mit Geld- sowie Freiheitsstrafen sanktioniert, gibt es im Ordnungswidrigkeitenrecht für Verstöße eine Verwarnung, ein zusätzliches Verwarnungs- oder ein Bußgeld, ein Fahrverbot und/ oder Punkte in Flensburg.

Die Ordnungswidrigkeit im Detail

Bei einer Ordnungswidrigkeit ist es anders gelagert. Es heißt, dass die Ermittlung im pflichtgemäßen Ermessen der Ordnungsbehörde oder auch der Polizei liegt und theoretisch jederzeit eingestellt werden kann. Viele Ordnungswidrigkeiten, die im Verkehrsrecht angesiedelt sind, werden eingestellt, weil nicht genügend Ansatzpunkte für eine Weiterverfolgung vorliegen. Solch eine Einstellung kann von der Ordnungsbehörde selbst erfolgen. Auch ist es häufig so, dass diejenigen, denen eine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird, zu keiner Vernehmung geladen werden, sondern lediglich einen Anhörungsbogen zugestellt bekommen. Aber Achtung: Aus manchem Ordnungswidrigkeitsverfahren entwickelt sich ein nachträgliches Strafverfahren. Dies kommt weniger im Verkehrsrecht vor, dafür häufiger bei Angelegenheiten, die das Tierschutzgesetz betreffen. Hier ist es so, dass meistens erst einmal eine Ordnungswidrigkeit angenommen wird und im Nachhinein ein Strafverfahren eröffnet wird. Dies liegt, genauso wie eine Einstellung, im Ermessen der Ordnungsbehörde. Da Tierschutz seit einigen Jahren zum Staatsziel erklärt wurde, ist diese Vorgehensweise – erst Ordnungswidrigkeit und darauffolgendes Strafverfahren – relativ häufig vorzufinden.

Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr

Beispiele für typische Verstöße und eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr sind unter anderem:

  • Handynutzung am Steuer
  • Missachten des Überholverbots
  • Parken im Halteverbot
  • Überschreiten der Geschwindigkeit
  • Autofahren mit 0,5 Promille ohne Gefährdung des Verkehrs
  • Haltung von zu geringem Abstand
  • Fahrzeugmängel
  • Überfahren einer roten Ampel

Geschwindigkeitsüberschreitungen stellen die häufigste Ordnungswidrigkeit dar. Sie werden seit 1. November 2021 innerorts mit einem Bußgeld ab 30 Euro (bis zu 10 km/h) und mit bis zu 800 Euro (über 70 km/h) sowie bis zu drei Monaten Fahrverbot bestraft. Für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts werden Bußgelder bei 10 km/h mit 20 Euro bis 700 Euro (über 70 km/h) sowie drei Monate Fahrverbot verhängt.

Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann auch eine Verwarnung sowie ein sogenanntes Verwarnungsgeld zwischen 5 bis 55 Euro erteilt werden. Der Betroffene muss mit der Zahlung eines Verwarnungsgeldes einverstanden und über sein Weigerungsrecht belehrt sein. Trifft dies zu, muss das Verwarnungsgeld sofort oder innerhalb von sieben Tagen gezahlt werden. Sollte man als Betroffener die Zahlung verweigern, kommt es zu einem Bußgeldbescheid.

Ordnungswidrigkeit und Bußgeld

Ein Bußgeldverfahren ist besonders während polizeilicher Radarkontrollen als auch im Ermittlungsverlauf sowie beim Erlass hinsichtlich der Verfahrensvorschriften fehleranfällig. In diesen Fällen kann man sich als Beschuldigter zur Wehr setzen. Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid kann die festgesetzte Geldbuße reduzieren oder ein Fahrverbot abwenden.

Das strafrechtliche Verfahren im Straßenverkehr

Verkehrsstraftaten, die ein strafrechtliches Verfahren mit sich ziehen, sind beispielsweise folgende Delikte:

  • Fahren unter Einfluss von Drogen, Medikamenten und Alkohol
  • Fahren ohne Führerschein
  • Fahrerflucht bei einem Unfall mit verletzten oder gar getöteten Personen
  • unterlassene Hilfeleistung
  • Gefährdung des Straßenverkehrs
  • Fahren im Vollrausch
  • Kennzeichenmissbrauch
  • gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Wer eine Straftat im Straßenverkehr begeht, muss mit einer Geldstrafe und in besonders schweren Fällen sogar mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Anders als bei einer Ordnungswidrigkeit wird die Geldstrafe nicht nach Regelsätzen verhängt, sondern vom Gericht festgesetzt. Die Tagessätze werden vom monatlichen Nettoeinkommen des Täters berechnet: 30 Tagessätze entsprechen einem Netto-Monatsgehalt.

Straftaten mit einer Geldstrafe ab 90 Tagessätzen werden im Bundeszentralregister und im Führungszeugnis vermerkt, das häufig von Arbeitgebern verlangt wird.

Auch die Dauer einer möglichen Haftstrafe liegt im Ermessen des Gerichts bzw. des Richters. In einem strafrechtlichen Verfahren kann dem Täter zudem die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Der Unterschied zum Fahrverbot im Bußgeldkatalog liegt darin, dass der Führerschein nicht für maximal drei Monate entzogen wird und er danach wieder automatisch zurückgegeben wird, sondern stattdessen die Fahrerlaubnis für mindestens sechs Monate entzogen wird. Nach Ablauf der sechs Monate muss die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragt werden. Dafür kann eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden.

Ordnungswidrigkeit und strafrechtliches Verfahren: Was tun?

In beiden Fällen: Anwaltlichen Rat einholen. 

Egal ob Ordnungswidrigkeit oder Verfahren im Strafrecht: Wer betroffen ist, sollte sich umgehend um anwaltlichen Rat bemühen und keine leichtfertigen Äußerungen abgeben.